
Ausdauer und Krafttraining richtig kombinieren
Wer körperlich fit werden oder bleiben möchte, verfolgt oft zwei zentrale Ziele: Mehr Kraft und bessere Ausdauer. Deshalb liegt es nahe, beides zu kombinieren. Sei es durch klassische Laufeinheiten neben dem Krafttraining, durch Intervalltraining, Spinning oder intensives Functional Training. Besonders im Crossfit ist die Verbindung von Kraft und Ausdauer längst zum festen Bestandteil des Trainings geworden. Doch immer wieder taucht die Frage auf, ob sich diese beiden Trainingsformen möglicherweise gegenseitig im Weg stehen. Der Begriff Interference Effect beschreibt genau dieses Phänomen: Dass zu viel oder falsch geplantes Ausdauertraining den Muskelaufbau und Kraftzuwachs bremsen könnte. Aber wie gross ist dieser Effekt wirklich? Und betrifft er jeden oder nur sehr ambitionierte Sportler? In diesem Artikel schauen wir uns an, wann es sinnvoll ist, Kraft- und Ausdauertraining zu trennen, welche Auswirkungen die Kombination tatsächlich auf deine Fortschritte haben kann und wie du beides so planst, dass du stärker, fitter und leistungsfähiger wirst, ohne dich auszubremsen.
Kurz und knapp
Für alle, die sich nicht länger konzentrieren können als ein Goldfisch auf Koffein – hier der Saft ohne das Gemüse:
- Ja, es gibt einen Interference Effect – vor allem bei hoher Intensität beider Trainingsarten.
- Für viele Freizeitsportler ist der Effekt vernachlässigbar.
- Wer maximale Kraft oder Muskelmasse will, sollte die Einheiten trennen – mindestens sechs Stunden Abstand oder an verschiedenen Tagen.
- Wer allgemein fit sein will, kann beides kombinieren – am besten: erst Kraft, dann Cardio.
Und los geht's.
Was ist der Interference Effect
Der Interference Effect beschreibt das Phänomen, dass sich Ausdauer- und Krafttraining gegenseitig negativ beeinflussen können, wenn sie ungünstig kombiniert werden. Krafttraining triggert im Körper ganz andere Signale als Ausdauertraining. Während Kraftreize vor allem den Muskelaufbau fördern, aktiviert Ausdauertraining einen gewissen Stoffwechselpfad und dieser kann den Muskelaufbau bremsen. Das bedeutet: Wenn du es übertreibst, kann zu viel Ausdauertraining die Muskelaufbauprozesse stören.
Wann sollte man Kraft- und Ausdauertraining trennen
Wenn dein Hauptziel darin besteht, möglichst viel Muskelmasse aufzubauen oder deine Maximalkraft deutlich zu steigern, solltest du das Kraft und Ausdauertraining trennen. Wer beispielsweise auf maximale Hypertrophie oder neue persönliche Rekorde im Kreuzheben oder Bankdrücken hinarbeitet, profitiert davon, Ausdauereinheiten nicht direkt vor oder nach dem Krafttraining zu absolvieren. Ideal ist es, wenn zwischen den beiden Trainingsarten mindestens sechs Stunden Abstand liegen. Oder noch besser, wenn sie an unterschiedlichen Tagen stattfinden. Sehr intensives und häufiges Ausdauertraining, wie Intervallläufe, HIIT-Einheiten oder lange Touren auf dem Rad, können sich negativ auf deine Regeneration und die Leistungsfähigkeit beim Krafttraining auswirken. In solchen Fällen solltest du bewusst planen, wann du was trainierst und sicherstellen, dass dein Körper ausreichend Zeit zur Erholung hat. Und schliesslich lohnt sich ein genauerer Blick auf die Trainingsstruktur, wenn du das Gefühl hast, nicht voranzukommen. Stagnierende Kraftwerte, chronische Müdigkeit oder anhaltender Muskelkater können Hinweise darauf sein, dass dein Körper mit der Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining überfordert ist. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, die Trainingsarten zu entzerren oder den Umfang zu reduzieren, um dem Körper mehr Raum für Anpassung zu geben.
Wann ist eine Kombination kein Problem oder sogar sinnvoll
Für die meisten Menschen, die nicht auf einen Wettkampf oder maximale Kraftleistung hinarbeiten, ist es überhaupt kein Problem, Kraft- und Ausdauertraining zu kombinieren. Gerade für Freizeitsportler, die ihre allgemeine Fitness verbessern wollen, kann das sogar die beste Lösung sein. Die Mischung aus beiden Trainingsformen sorgt für mehr Energie im Alltag, ein besseres Körpergefühl und eine rundum gesunde körperliche Leistungsfähigkeit. Besonders in funktionellen Trainingsansätzen wie Crossfit wird diese Kombination sehr geschickt umgesetzt: Oft beginnt das Training mit einem gezielten Kraftteil und endet mit einem kurzen, intensiven Ausdauerblock oder einer Kombination aus beidem. So werden beide Bereiche abgedeckt, ohne dass sich die Trainingsreize zu stark stören. Ein Workout, das Kraft und Ausdauer kombiniert, spart Zeit, erhöht die Trainingsdichte und bringt Fortschritte auf mehreren Ebenen. In solchen Fällen ist es allerdings sinnvoll, die Reihenfolge gut zu planen: Wer zuerst die Kraftübungen absolviert, kann sich voll auf Technik und Belastung konzentrieren, bevor das Herz-Kreislauf-System im zweiten Teil des Trainings gefordert wird. Selbst wer beide Trainingsformen regelmässig in der Woche unterbringt, muss sich keine Sorgen um Interferenzeffekte machen, solange die Ausdauereinheiten in einem moderaten Bereich bleiben.
Wie gross sind die Unterschiede wirklich
Wissenschaftliche Studien zeigen:
- Der Unterschied im Muskelwachstum bei gleichzeitiger Kombination liegt bei etwa 10–15 % weniger Zuwachs im Vergleich zu reinem Krafttraining
- Bei der Kraftentwicklung können es 5–20 % weniger Fortschritt sein – je nach Trainingsintensität und -gestaltung.
Bedeutet:
- Für den Durchschnittssportler sind das verkraftbare Unterschiede.
- Für ambitionierte Kraftsportler oder Bodybuilder kann dieser Effekt aber entscheidend sein.
Was ist mit Crossfit
Crossfit ist ein Paradebeispiel dafür, wie Kraft- und Ausdauertraining bewusst kombiniert werden und zwar oft innerhalb derselben Trainingseinheit. Dabei ist es keine Seltenheit, dass schwere Übungen wie Deadlifts, Thrusters oder Cleans direkt mit Burpees, Seilspringen oder Laufen kombiniert werden. Diese Mischung ist kein Zufall, sondern Teil des Konzepts von General Physical Preparedness (GPP). Also der Idee, für möglichst viele physische Herausforderungen bereit zu sein. Crossfit will keine maximale Spezialisierung, sondern eine breite, funktionelle Fitness fördern: Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination und mentale Belastbarkeit. Aber wie verträgt sich das mit dem Interference Effect? Crossfit nimmt diesen Effekt bewusst in Kauf, denn das Ziel ist nicht maximale Hypertrophie oder Rekorde im Powerlifting, sondern ein fitter, leistungsfähiger Körper, der in vielen Bereichen gut genug oder sogar überdurchschnittlich performt.
Fazit
Kraft- und Ausdauertraining müssen nicht zwangsläufig getrennt werden. Im Gegenteil: Für viele Menschen funktioniert die Kombination aus beidem sogar hervorragend. Besonders im funktionellen Training, ergänzen sich die beiden Trainingsformen sinnvoll und führen zu einer ausgewogenen, alltagstauglichen Fitness. Dennoch kann es in bestimmten Situationen sinnvoll sein, Kraft- und Ausdauerphasen gezielt voneinander zu trennen. Wenn du gezielt Muskelmasse aufbauen oder deine Maximalkraft deutlich steigern möchtest. In solchen Fällen zahlt sich eine durchdachte Trainingsplanung mit klarer Struktur und ausreichend Regeneration aus. Letztlich entscheidet nicht allein die Trainingsform, sondern wie klug du dein Training aufbaust, wie gut du deine Erholungsphasen gestaltest und ob deine Einheiten zu deinen persönlichen Zielen passen.
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