
Warum du durch Training stärker wirst
Stärker zu werden ist neben nackt gut aussehen ein zentrales Ziel vieler Menschen, die mit dem Hanteltraining starten. Egal, ob es darum geht, schwerere Gewichte zu heben, den Körper für alltägliche Aktivitäten zu stärken oder die körperliche Leistung im Sport zu verbessern – Kraft ist ein grundlegender Faktor. Doch was genau passiert im Körper, wenn du stärker wirst? Wie hängen Muskelmasse und Kraft zusammen? Und welche Rolle spielen die verschiedenen Muskelfasertypen in diesem Prozess?
Die Mechanismen, warum du durch Krafttraining stärker wirst
Training mit Gewichten löst im Körper eine Reihe von Anpassungen aus, die zu einer Steigerung der Kraft führen. Diese Anpassungen betreffen sowohl das Nervensystem als auch die Muskeln selbst. Zu den wichtigsten Mechanismen gehören:
Neuronale Anpassungen
Die ersten Verbesserungen in der Kraft, die beim Training beobachtet werden, sind meist nicht auf Muskelwachstum (Hypertrophie) zurückzuführen, sondern auf neuronale Anpassungen. Das bedeutet, dass das Nervensystem effizienter darin wird, die Muskeln zu aktivieren. Dafür sind folgenden Aspekte verantwortlich:
Verbesserte Rekrutierung von Muskelfasern: Das Nervensystem lernt, mehr Muskelfasern zu aktivieren, um eine Bewegung auszuführen, was zu einer erhöhten Kraft führt.
Synchronisation der Muskelaktivität: Verschiedene Muskelgruppen arbeiten besser zusammen. Das Zusammenspiel von Agonisten (Muskeln, die die Bewegung ausführen) und Antagonisten (Muskeln, die die Bewegung kontrollieren) wird effizienter.
Erhöhte Feuerfrequenz der Motoneuronen: Die Nerven, die die Muskeln steuern, senden ihre Signale schneller, was eine kraftvollere Kontraktion ermöglicht.
Diese neuronalen Anpassungen sind besonders in den ersten Wochen und Monaten des Trainings stark ausgeprägt und sorgen dafür, dass man relativ schnell stärker wird, bevor das Muskelwachstum in den Vordergrund tritt.
Muskelhypertrophie (Muskelwachstum)
Nach einiger Zeit setzt die Muskelhypertrophie ein, das heisst, die Muskelfasern werden dicker. Dies geschieht durch eine Erhöhung der Anzahl der kontraktilen Proteine in den Muskelfasern, die für die Kraftentwicklung verantwortlich sind.
Erhöhte Proteinsynthese: Während des Trainings entstehen in den Muskeln mikroskopische Risse. Der Körper repariert diese Risse, indem er mehr Protein in die Muskeln einlagert, was zu einer Verdickung und somit zu einer stärkeren Kontraktionskraft führt.
Satellitenzellen-Aktivierung: Diese Stammzellen, die sich um die Muskelfasern befinden, werden durch das Training aktiviert und tragen zur Muskelreparatur und zum Wachstum bei.
Hypertrophie ist ein längerfristiger Anpassungsmechanismus, der sich im Laufe der Zeit entwickelt, besonders bei Krafttraining mit moderaten Wiederholungszahlen und schweren Gewichten.
Bindegewebsanpassungen
Auch Sehnen, Bänder und das Bindegewebe passen sich an das Training an. Diese Strukturen werden belastbarer, was zur Stabilität der Gelenke beiträgt und die Kraftübertragung von den Muskeln auf die Knochen verbessert.
Stoffwechsel- und hormonelle Anpassungen: Durch Krafttraining verbessert sich die Energiespeicherung in den Muskeln (Glykogen) und der Körper reagiert effizienter auf anabole Hormone wie Testosteron und Wachstumshormon. Diese Hormone fördern die Proteinsynthese und tragen somit zur Muskelreparatur und zum Wachstum bei.
Korreliert Kraft mit Muskelmasse
Es besteht eine Korrelation zwischen Muskelmasse und Kraft, aber sie ist nicht direkt proportional. Das hat folgende Gründe:
Neuronale Effizienz: In den ersten Phasen des Trainings gewinnt man an Kraft hauptsächlich durch neuronale Anpassungen, ohne dass die Muskelmasse signifikant zunimmt. Das bedeutet, dass es möglich ist, deutlich stärker zu werden, ohne viel Muskelmasse aufzubauen. Ein gut trainiertes Nervensystem kann mehr Muskelfasern gleichzeitig aktivieren und die Kraft optimal übertragen.
Muskelquerschnitt und Kraft: Mit zunehmender Muskelmasse steigt normalerweise auch die Kraft, da grössere Muskeln mehr kontraktile Proteine enthalten. Ein grösserer Muskel hat eine höhere Fähigkeit, Kraft zu entwickeln, da er mehr potenziell aktivierbare Muskelfasern besitzt. Es gibt jedoch viele Fälle, in denen eine Person mit kleineren Muskeln stärker ist, weil sie eine bessere neuronale Effizienz und Technik hat.
Hebelwirkung und Technik: Nicht nur die Muskelmasse bestimmt die Kraft, sondern auch die biomechanischen Hebelverhältnisse und die Technik. Eine Person mit einer besseren Hebelwirkung (z.B. durch längere Hebelarme) kann höhere Gewichte heben, auch wenn sie weniger Muskelmasse hat.
Welche Muskelfasern gibt es und was sind ihre Aufgaben
Muskeln bestehen aus verschiedenen Typen von Muskelfasern, die jeweils für unterschiedliche Aufgaben spezialisiert sind. Es gibt zwei Haupttypen von Muskelfasern:
Typ-I-Fasern (langsam zuckende Fasern)
Diese Fasern sind für Ausdauerleistungen ausgelegt. Sie kontrahieren langsamer, sind aber widerstandsfähiger gegen Ermüdung. Sie haben eine hohe Kapazität für aeroben Stoffwechsel (Sauerstoffnutzung) und werden vor allem bei Aktivitäten wie Langstreckenlauf oder Radfahren verwendet.
Hypertrophie: Typ-I-Fasern können wachsen, aber ihre Kapazität zur Hypertrophie ist begrenzt im Vergleich zu Typ-II-Fasern. Sie reagieren eher auf längere, weniger intensive Belastungen.
Typ-II-Fasern (schnell zuckende Fasern)
Diese Fasern sind auf schnelle und kraftvolle Bewegungen spezialisiert. Sie kontrahieren schnell, ermüden jedoch auch schneller. Es gibt zwei Untertypen:
Typ-IIa: Diese Fasern sind eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftfasern. Sie sind sowohl für schnellkräftige als auch für leicht ausdauernde Aktivitäten geeignet.
Typ-IIb: Diese Fasern sind auf maximale Kraft und Geschwindigkeit spezialisiert und werden bei sehr intensiven, kurzen Anstrengungen wie Sprints oder Maximalkraftversuchen aktiviert.
Hypertrophie: Typ-II-Fasern haben eine viel grössere Kapazität zur Hypertrophie als Typ-I-Fasern. Sie wachsen besonders gut als Reaktion auf schweres Krafttraining und explosive Bewegungen.
Wie wirkt sich das Training auf die verschiedenen Muskelfasern aus
Ausdauertraining fördert hauptsächlich die Entwicklung und Ausdauer von Typ-I-Fasern und macht auch Typ-IIa-Fasern widerstandsfähiger gegen Ermüdung. Krafttraining aktiviert hauptsächlich die Typ-II-Fasern, insbesondere Typ-IIb und führt zu ihrer Hypertrophie. Schnelle, kraftvolle Bewegungen sind der Schlüssel, um das volle Potenzial dieser Fasern auszuschöpfen.
Fazit
Krafttraining führt zu einer Vielzahl von Anpassungen im Körper – von neuronalen Verbesserungen bis hin zu Muskelwachstum und strukturellen Veränderungen in den Muskelfasern. Obwohl Muskelmasse und Kraft miteinander korrelieren, spielen neuronale Effizienz, Technik und Muskelfasertypen eine ebenso grosse Rolle. Die schnell zuckenden Typ-II-Fasern sind besonders wichtig für den Kraftzuwachs, da sie am besten auf Krafttraining ansprechen und die grösste Kapazität zur Hypertrophie haben.
Um das volle Potenzial für Kraft und Muskelwachstum auszuschöpfen, ist es entscheidend, das Training an die eigenen Ziele anzupassen und sowohl auf neuronale Effizienz als auch auf Hypertrophie zu achten.
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